Prävention
Jugend- und Familienhaus der Benediktiner in Wechselburg
Institutionelles Schutzkonzept zur Prävention von sexualisierter Gewalt an
Kindern und Jugendlichen sowie erwachsenen Schutzbefohlenen
„Alle Fremden, die kommen, sollen aufgenommen werden wie Christus.“
(Benediktsregel 53,1)
1. Vorbemerkung
Das Jugend- und Familienhaus der Benediktiner (JFH), seine Mitarbeitenden sowie die Wechselburger Mönche möchten das benediktinische Ideal der Gastfreundschaft umsetzen und den Ankommenden eine Atmosphäre der Wertschätzung, des Respekts und Willkommens bieten. Auch wenn wir in der Regel für die Durchführung und Gestaltung der Veranstaltungen in unserem Haus (Oasentage, Rüstzeiten, Ferienfreizeiten, FSJ-Seminare, Fortbildungen etc.) nicht selbst verantwortlich sind, ist uns als Gastgebern das Wohlergehen unserer Gäste ein selbstverständliches Anliegen. Uns Wechselburger Benediktinern ist bewusst, dass Eltern, die ihre Kinder als Gäste in unserem JFH anmelden, uns das Kostbarste anvertrauen, das sie selbst haben. Wir werden gemeinsam mit unseren Mitarbeitenden alles tun, um diesem uns geschenkten Vertrauen gerecht zu werden. Daher fördern wir in unserem JFH eine Atmosphäre der Achtsamkeit und des Respekts gegenüber jedermann. Wir verpflichten uns daher auch zu einem Qualitätsmanagement mit einer regelmäßigen Zertifizierung. Beschwerden sehen wir nicht als Störung an, sondern als konstruktiven Hinweis zur Qualitätsverbesserung. Hinweise auf Beschwerdewege geben wir im JFH für alle einsehbar durch Aushang bekannt.
2.Grundlegende Ordnungen zu Prävention und Umgang mit sexuellem Missbrauch
Die Benediktinerabtei hat als Trägerin des JFH die beiden von DOK (Deutsche Ordensoberenkonferenz) empfohlenen Ordnungen in Kraft gesetzt. Diese entsprechen den von der DBK (Deutsche Bischofskonferenz) beschlossenen Ordnungen, die für das Bistum Dresden-Meißen in Kraft gesetzt wurden. Rahmenordnung – Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfsbedürftigen Erwachsenen im Bereich der Deutschen Ordensoberenkonferenz Ordnung für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener durch Kleriker und sonstige Beschäftigte im kirchlichen Dienst im Verantwortungsbereich der Ordensgemeinschaften
3.Risikoanalyse und Lösungsansätze
3.1. Bauliche Gegebenheiten
Das im Jahr 2000 eröffnete JFH befindet sich in einem historischen Gebäude, das ursprünglich zum Wechselburger Schloss (Kleines Schloss) gehörte und bis 1998 als Teil des Krankenhauses genutzt wurde. Die Sanierung (1998 – 2000) ging behutsam auf die vorhandene denkmalgeschützte Gebäudestruktur ein. Dies bedingt manche kleinteilige Gestaltung von Gängen und Treppenhäusern, die nicht immer zentral einsehbar sind. Die Übernachtungszimmer sind in drei abgegrenzten Wohnbereichen A, B und C. Über das zentrale Treppenhaus erreicht man die Wohnbereiche A und C, über das zweite Treppenhaus den Wohnbereich B. In allen Wohnbereichen stehen Einzelzimmer für Betreuungspersonen zur Verfügung. Um hier sowohl Diskretion und Privatsphäre für die Gäste zu ermöglichen und zugleich Schutz vor unerwünschten Begegnungen und Kontakten mit fremden Personen zu gewährleisten, werden Gruppen geschlechterdifferenziert auf separate Wohngruppen verteilt. Hausbelegungen durch unterschiedliche Gästegruppen werden vermieden. In allen Gästezimmern des JFH befinden sich eigene sanitäre Bereiche. Transpersonen bieten wir die Unterbringung in Einzelzimmern an. Die Gemeinschaftsräume befinden sich im Erdgeschoss und sind gut einsehbar, ebenso der großflächige Spieleboden über der Hauskneipe. Für 1:1-Begegnungen (z.B. Seelsorgsgespräche) können die Räume Montecassino und Subiaco im Erdgeschoss genutzt werden. Diese Räume sind zwar nicht optisch einsehbar, befinden sich aber an belebten Gängen. Die Sitzanordnung wird so gewählt, dass die Gäste den Platz einnehmen, der der Tür am nächsten ist.
3.2. Personelle Gegebenheiten
Im JFH arbeiten Angestellte des Klosters in der Verwaltung, Hausmeisterei, Küche und Reinigungsdienst. Da keine eigenen Veranstaltungen durch das JFH angeboten werden, beschäftigt das Kloster keine Sozialpädagogen oder Jugendreferenten. Die Leitung des JFH gehört der Klostergemeinschaft an. Beauftragte Handwerker betreten die Übernachtungsbereiche des JFH nur, wenn keine Gäste im Haus sind. Abweichungen davon werden zuvor klar mit der Leitung der Gästegruppen abgesprochen bzw. im Notfall (bei Gefahr für Menschen oder Gebäude) nachträglich mitgeteilt. Transparenz ist dabei leitendes Prinzip. Durch das Offenkundigwerden des Missbrauchsskandals im Internat des Mutterklosters Ettal (2010) und der anschließenden intensiven Aufarbeitung herrscht auch im Kloster Wechselburg eine hohe Sensibilität und ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstein im Bereich des sexuellen und geistlichen (Macht-)Missbrauchs. Im Umfeld des Klosters und in der Gemeinde gibt es aber z.T. eine Verweigerungshaltung diesem Thema gegenüber. Dies kann Grenzüberschreitungen, Übergriffe und sexualisierte Gewalt begünstigen und Angst vor deren Meldung.
4.Stufen sexualisierter Gewalt
4.1. Grenzverletzungen
Diese sind das bewusste oder unbewusste Überschreiten von persönlichen Grenzen der Intimität. Entscheidend für die Bewertung sind sowohl objektive Kriterien (z.B. keine Umarmungen) als auch das subjektive Erleben der Betroffenen. Umarmungen Jugendlicher durch Erwachsene sind nicht erlaubt, da sie Grenzen zu weiteren Übergriffen austesten können und bei Jugendlichen eine natürliche und gesunde Hemmschwelle außer Kraft setzen können. Grenzüberschreitungen müssen im Betreuungsteam klar benannt werden und als unprofessionell markiert werden. Sie werden dadurch abgestellt und sind Anlass zur Verbesserung der Prävention.
4.2. Sexuelle Übergriffe
Diese passieren nicht zufällig und aus Versehen. Sie unterscheiden sich von unbeabsichtigten Grenzverletzungen durch die Massivität und Häufigkeit der Grenzüberschreitungen. Abwehrende Reaktionen der betroffenen jungen Menschen werden bei Übergriffen ebenso missachtet wie Kritik von Dritten. Sie können auch ein strategisches Vorgehen zur Vorbereitung strafrechtlich relevanter Formen sexualisierter Gewalt sein.
4.3. Strafrechtlich relevante Formen der sexualisierten Gewalt – sexueller Missbrauch
Im Strafgesetzbuch wird der Begriff „sexueller Missbrauch“ benutzt. Er bezeichnet strafbare, sexualbezogene Handlungen nach dem 13. Abschnitt des Strafgesetzbuchs, unter dem „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ benannt sind (gem. §§ 174 ff. StGB – Sexueller Missbrauch etc.). Dies sind grundsätzlich alle sexuellen Handlungen an und mit Kindern unter 14 Jahren. Aber auch ein Erwachsener, der seine Position ausnutzt, um an oder mit den ihm anvertrauten Jugendlichen (unter 18 Jahren) sexuelle Handlungen durchzuführen, macht sich strafbar.
5.Präventionskonzepte der beherbergten Gruppen
Die beherbergten Gruppen mit Minderjährigen müssen – auch wenn sie über ein eigenständiges Schutzkonzept verfügen – die für das JFH geltenden Standards erfüllen. Dies sind die von der Benediktinerabtei Ettal in Kraft gesetzten Ordnungen für Prävention sexueller Gewalt und den Umgang mit sexuellem Missbrauch (vgl. Rahmenordnungen der DOK, gleichbedeutend mit denen der DBK und der Diözese Dresden-Meißen). Die Gruppenleitungen müssen dies beim Abschluss des Belegungsvertrages akzeptieren, andernfalls kommt kein Vertrag zustande. Einschlägige Vorfälle und Beschwerdefälle (z.B. übergriffiges Verhalten durch Betreuungspersonen oder Gruppenmitglieder) werden durch die verantwortlichen Gruppenleiter und Institutionen (z.B. Schulen, Jugendstellen des Bistums, soziale Träger) geklärt. Die verantwortlichen Gruppenleitungen informieren über das Faktum und über das weitere Vorgehen unmittelbar die Leitung des JFH. Die Hausleitung ist zu informieren bei Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz, gegen die o.g. Rahmenordnung zur Prävention sexualisierter Gewalt und bei sonstigen Vorkommnissen von Übergriffen oder Gewalt in JFH.
6.Maßnahmen im Rahmen der Personalauswahl
Der Prior des Benediktinerklosters thematisiert die Prävention sexueller Gewalt im Bewerbungsgespräch, während der Einarbeitungszeit sowie in Teambesprechungen des JFH. Entsprechend den Anforderungen der DOK müssen die Leitung des JFH, der Hausmeister, die Verwaltungskraft und gegebenenfalls Mitarbeitende mit unmittelbarem Kontakt zu minderjährigen Gästen ein Erweitertes Führungszeugnis vorlegen und dies regelmäßig erneuern, gegebenenfalls ist auch eine Selbstauskunftserklärung abzugeben. Mitarbeitende in der Küche und im Reinigungsdienst ohne Kontakt zu Minderjährigen unterzeichnen die vom Bistum Dresden-Meißen vorgesehene „Gemeinsame Erklärung zum Schutz vor sexualisierter Gewalt“. Alle Mitarbeitende nehmen in regelmäßigen Abständen an den vom Bistum Dresden-Meißen angebotenen und geforderten Präventionsfortbildungen teil.
7.Verhaltenskodex
Da die Mitarbeitenden des JFH, wie in der Risikoanalyse dargelegt, nicht in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen tätig werden, wird auf einen detaillierten Verhaltenskodex verzichtet. Es gelten im Zweifelsfall die in der DOK-Rahmenordnung vorgesehenen Regeln. Die in der Risikoanalyse genannten Vorsichtsmaßnahmen gelten als verpflichtender Verhaltenskodex für alle Mitarbeitenden.
8.Ansprechpersonen bei Beschwerden und bei Vorkommnissen sexualisierter Gewalt
Meldung von Straftaten
Polizeidienststelle Rochlitz
Tel: 03737 – 789-0
Notruf. 110
Grundsätzlich ansprechbar bei Beschwerden und Verdachtsfällen ist der Leiter des Jugend- und Familienhauses und des Benediktinerklosters Wechselburg: Pater Maurus Kraß OSB, Prior
pater.maurus@kloster-wechselburg.de
Tel: 037384-8080 (Büro)
Ansprechperson bei Verdacht strafbarer Handlungen durch Angehörige oder Mitarbeitende des Klosters:
Rechtsanwältin Monika Endraß
Balticusstraße 6
81243 München
Telefon: 089 / 71 73 41
kanzlei@anwalt-endrass.de
www.kanzlei@anwalt-endrass.de
Ansprechpersonen für Verdachtsfälle
Ursula Hämmerer, Chemnitz
Fachärztin für Psychiatrie und Psxchotherapie
Tel: 0173-5365222
ansprechperson.haemmerer@bddmei.de
Dr. Michael Hebeis, Dresden
Rechtsanwalt
Tel: 0172-3431067
ansprechperson.hebeis@bddmei.de
Manuela Hufnagel, Leipzig
Psychologin
Tel: 0162-1762761
ansprechperson.hufnagl@bddmei.de
Präventionsbeauftragte des Bistums Dresden-Meißen
Julia Eckert
Bischöfliches Ordinariat
Käthe-Kollwirt-Ufer 84
01309 Dresden
Tel: 0351-31563-251
praevention@bddmei.de
Dieses Schutzkonzept ist von der Benediktinerabtei Ettal als Trägerin des JFH in Kraft gesetzt worden und vom Bistum Dresden-Meißen anerkannt.
Stand: 7. Mai 2022